3. Tag: Karlstad - Stockholm (338km)

Wir haben die Nach hinter Gittern geschlafen wie ein Stein. Wer hätte gedacht, dass es im Knast so gemütlich ist? Sogar die Betten sind anständige Boxsprings. Wie zu Hause;). 

 

Das Frühstück erinnert uns sehr an eine Jugendherberge. Es fehlt allerdings an nichts und nach dem Herrichten der üblichen Pistenbrote satteln wir die Hühner. Das Wetter verheißt heute nichts wirklich Gutes. Der Himmel ist bewölkt und es hat den Anschein, als ob der Regen jeden Moment losprasselt. Ich kann die anderen überreden, sicherheitshalber doch wenigstens schon den Regenkombi anzuziehen. Als ich meinen auspacke muss ich feststellen, dass ich ihn nach der letzten Fahrt wohl doch noch etwas zu feucht weggepackt habe. Er hat überall am Hals und den Armbündchen fiese Stockflecken. Somit entscheide ich mich dafür, ihn vor dem nächsten Gebrauch erst ausgiebig zu waschen und vertaue auf mein Glück. Es muss halt ohne gehen. Geht es auch, bis auf ein paar Tropfen kommt nix runter und es wird im Tagesverlauf immer besser. Wir jagen die E18 Richtung Osten und wollen erst mal Strecke machen. Diese großen Straßen sind ja ohnehin meist nicht sehr reizvoll.

In Örebro füllen wir die Tanks auf und fahren nun über kleine Straßen weiter. Sofort ist die Landschaft schöner und wir benutzen auch die Außenseite der Reifen. Und dann ist es so weit, wir kommen endlich in das originäre Terrain einer Reiseenduro: Die ersten Pisten. Obwohl "Pisten" eigentlich übertrieben ist. Feldwege unterschiedlicher Qualität lassen dennoch das Enduristenherz höher schlagen. Die K60 Scout machen sich gut auf Schotter. Erstaunlich viel Seitenführung haben sie.

Wir suchen uns ein schönes Plätzchen für die Mittagspause und werden in Fiskeboda fündig. An einem absolut ruhig gelegenen Campingplatz bekommen wir einen Kaffee und entspannen uns.

Wieder einmal stellen wir fest, dass man hier auch gut einen Urlaub verbringen könnte. Am besten mit dem Wohnmobil und einem Boot. Hier könnte man mal richtig ausspannen. Tja, man müsste eigentlich so Vieles machen. Leider gibt es da noch etwas, was sich Arbeit nennt und dies verhindert. So ist es doch irgendwie immer im Leben, entweder man hat kein Geld oder keine Zeit. Kennt ihr das auch? Wir machen da etwas falsch...

 

Um die Mopeds müssen wir uns fast überhaupt nicht kümmern. Das Einzige, was diese treuen Gefährte brauchen, ist Sprit und etwas Kettenpflege. Eine Honda hat uns noch nie im Stich gelassen (die BMW im Übrigen auch nicht wirklich). Ich biete meinem Vater immer wieder an, mal mit meiner Maschine zu fahren, um sich ein Eindruck vom neuen Federbein zu verschaffen. Aber er lehnt immer dankend ab - ich denke er hat Angst, weil er dann auch eins haben möchte.

 

Weiter geht es für uns und wir nehmen ein paar Schotterpisten unter die Stollen. Man kann in Schweden doch recht viel über kleine Schotterpisten fahren, wenn man denn will und die Zeit hat. Für uns auf jeden Fall eine willkommene Abwechslung. Wir fahren Richtung Mariefred und wollen uns ein Schloss ansehen. Am Straßenrand sehen wir erste Elchwarnschilder. Hauptsache wir sehen auch endlich man tatsächlich einen Elch!!!

 

Das Schloß trägt den Namen Gripsholm und wurde 1537 von Gustav I. Wasa erbaut. Bekannt ist es schon durch Kurt Tucholskys Roman "Schloß Gripsholm" - einer heiter-melancholischen Liebesgeschichte und einem seiner besten Werke. Wenn ich mal ganz viel Langeweile habe, lese ich es. ;-)

Das Schloss ist toll gelegen, auf einer Landspitze direkt am See. Überhaupt ist hier wieder alles sehr gepflegt und die Frauen verdingen sich im Schlossgarten und bestaunen die Blumenwelt - gähn! Und das, obwohl es hier doch auch echt interessante Dinge zu sehen gibt!

In der Nähe wartet ein Geocache. Mein Handy führt mich auf das Gelände eines Kindergartens - das große weiße Gebäude hier im Hintergrund. Der Cache soll scheinbar irgendwo am Zaun sein.

Nach einiger Zeit der Suche steht mir plötzlich ein junger Mann gegenüber, der mich zur Rede stellt, was ich denn hier treibe - die Kinder seien schon beunruhigt. Sehr aufmerksam, die Schweden. Wir kommen ins Gespräch und ich erkläre ihm, was es mit dem Geocachen auf sich hat. Nun versteht er auch, warum ich da so suchend umherirre. Wir tauschen uns noch etwas über das Reisen und Schweden aus. Jonathan hat sofort erkannt/gehört, dass ich aus Deutschland komme. Er hat da auch mal etwas Zeit verbracht. Ein echt netter Kerl. Er gibt mir die Erlaubnis weiter zu suchen und bietet mir auch an, dass mir die Kinder ja alle helfen könnten - um Gottes Willen! Eine wirklich süße Idee aber als ich ihm schließlich die Sache mit den Muggeln erkläre, sind wir einvernehmlich der Ansicht, dass das keine so gute Idee ist. Der Cache würde keinen Tag dort überleben!

 

Nachdem wir uns noch schnell den pittoresken Ort angesehen haben, düsen wir aufgrund der fortgeschrittenen Zeit weiter auf der E20 Richtung Stockholm. Die letzten 30km sind eine arge Quälerei. Großstädte sollte man tunlichst weiträumig meiden. Ich stelle es immer wieder fest. Warum mache ich das schon wieder??? Ah ja richtig, Stockholm ist einfach klasse! Wir kämpfen uns also durch zähfließenden Verkehr und Stau bis zum Hotel. Dies liegt mehr oder weniger neben dem größten Ikea Europas (nein, gehen wir nicht rein!). Es ist auf dem Gelände eines Einkaufzentrums angesiedelt, das sich Kungens Kurva nennt. Der Hintergrund des Namens ist genauso einfach wie witzig: Hier ereignete sich am 28. September 1946 ein "Autounfall". König Gustav V. war mit seinem Cadillac auf dem Heimweg von einer Jagd. Der Chauffeur des Königs verlor auf dem Gamla Södertäljevägen die Kontrolle über den Wagen und landete in einem wassergefüllten Graben. Man sagte, der König habe seinen Fahrer „gehetzt". Niemand wurde verletzt, der König stieg aus, zündete sich eine Zigarette an und wurde bald vom Hof abgeholt. Eigentlich eine Bagatelle, wenn nicht ein Reporter der Tageszeitung Dagens Nyheter schnell vor Ort gewesen wäre und „sensationelle" Bilder geschossen hätte. Eine neu eröffnete Tankstelle in der Nähe bekam bald den Namen „Kungens Kurva“ und später wurde dies die offizielle Bezeichnung für die ganze Gegend. Tja, und so war schon wieder eine Attraktion der Region geboren. Den Wagen kann man heute noch in einem Museum in der Nähe bestaunen.

 

Hingegen ganz und gar keine Attraktion ist heute unser Hotel - eins von der Sorte zum Abgewöhnen oder beim nächsten Mal mit Zelt! Unten seht ihr die Hälfte eines Ganges. Davon abzweigend Türen zu den Legebatterien. Viel größer und sauberer sind die Zimmer jedenfalls nicht. Yippie!

Naja, wenigstens ein guter Grund nach dem doch recht guten Abendessen zeitig ins Bett zu gehen. So sieht man das Elend wenigstens nicht und die Zeit bis zum nächsten Tag vergeht schnell. Und auf diesen freuen wir uns, denn wir haben den ganzen Tag Zeit, um uns Stockholm anzusehen. Und das lohnt sich! Da spreche ich aus Erfahrung, denn ich war schon ein paar mal dort. Zudem hat das Sitzfleisch mal Gelegenheit sich etwas auszuruhen. Gute Nacht!